Leitung: Univ.-Prof.
Dr. Antonia Birnbaum
Wozu noch Philosophie? Welchen Nutzen hat überhaupt Philosophie?
So die Fragen von Adorno und Deleuze im letzten Jahrhundert. Diese Fragen scheinen um so prägnanter, als es sich hier um eine
„exzentrische“ Lehre des Fachs handelt, an einer Universität der angewandten Künste.
Doch entfalten sich diese
Fragen in ihrem vollen kreativen Sinn, wenn man ihre philosophische Immanenz betont. Die „exzentrische“ Lehre des Fachs Philosophie
ist für die Philosophie selbst eine irreduzible Bedingung, weil diese „Exzentrizität“ sie auf ihre elementare Bestimmung zurückwirft.
Philosophie muss nämlich erst von einem Stolperstein her ihren Anlauf nehmen, aus einer denkenden Unruhe, ganz gleich, ob
dieses Denken Staunen, Kritik oder Spekulation heißt.
Erfinderische philosophische Arbeit hat sich nie ausschließlich
aus ihrem eigenen historischen Selbstbezug entwickelt. Demzufolge liegt ihre Chance auch emphatisch in ihrem Bezug auf die
„Nicht- Philosophie“. Diese Verschränkung ist vielfach thematisiert worden. Theorie wurde von Foucault und Deleuze als Werkzeugkasten
bezeichnet, aus dem Nicht-Philosophen ihre Werkzeuge schöpfen. Dagegen wendet Hegel ein, dass Begriffe keine Mittel zu einem
weiteren Zweck sind, dass aber unter dem Begriff nichts weiter als der Begriff selbst zu denken sei. Die ersteren betonen
jedoch gleichzeitig, dass Begriffe gerade keine Mittel seien, sondern Schaltstellen für andere Formen des Denkens, für die
Praxis ausmachen. Hegel wiederum betont, dass Begriffssprache ein Moment aller Sprachschichten bildet, die sich über die Künste,
die Staatstheorie, die Religion und die empirische Wissenschaften erstrecken.
Um diese Schaltstellen, um die Präsenz
des Unbekannten, Begrifflichen in den bekannten Vorstellungen dreht sich Philosophie. Schon immer hängt die Ausübung dieser
denkenden Unruhe – Philosophie – von ihrem Verhältnis zu politischen, ethischen, epistemologischen und künstlerischen Fragen
ab. Jedoch hat sich diese Verquickung seit dem zwanzigsten Jahrhundert intensiviert und verwandelt. Auf diese „Störungen“,
die das Denken im Gang setzen, kommt es in der Philosophie an. Oder, anders formuliert: wie setzen uns Ausfälle, Diskontinuitäten,
verschiedenste Materialisierungen des Denkens in einem Verhältnis zur Universalität der Vernunft ? Wann vereiteln politischer
Kampf, ästhetischer Welt- und Selbstbezug, Desubjektivierungen, Behauptungen von Lust, Formgestaltungen, den „naturalisierten“
Diskurs von Interesse und Egoismus? In diesem Sinne kann Philosophie in den Praktiken, Interessen und Fragen der Studenten
aller Fächer mitwirken, an ihre Problematisierung teilhaben.
Und genau in diesem Sinne beruht die Lehre des Fachs
an der Universität der angewandten Künste auf einer innigen Zusammenarbeit von Theoretikern, Künstlern und Studenten aller
Fächer.