Wissenschaftliche Forschung

Bertold Löffler - das künstlerische Werk

Bertold Löffler (1874-1960) kommt als universellem Künstler und prägendem Lehrer hohe Bedeutung für die österreichische Kunst im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts zu. Umso bedauerlicher ist es, daß sein Wirken und sein künstlerisches Schaffen bislang erst in Teilaspekten beleuchtet wurde und eine umfassende Forschungsarbeit zu seiner Kunst immer noch aussteht. Während andere Wiener Künstler seiner Generation, wie beispielsweise Josef Hoffmann, Michael Powolny und Kolo Moser, mit welchen Löffler intensiv als Mitarbeiter der Wiener Werkstätte zusammenarbeitete, längst durch Monographien bekannt gemacht wurden, steht eine umfassende Arbeit über Bertold Löffler immer noch aus. Dies mag wohl an der Vielschichtigkeit von Löfflers künstlerischer Tätigkeit liegen, der gleichermaßen als Maler, Graphiker und Keramiker wirkte, wie auch daran, daß der Umfang seines Oeuvre nur in Ansätzen bekannt ist und so eine Aufarbeitung erschwerte.

Ziel des Forschungsprojektes ist es, dem Schaffen Bertold Löfflers in seiner Vielgestaltigkeit gerecht zu werden. Der Schwerpunkt soll dabei auf seiner Tätigkeit in den beiden ersten Jahrzehnten des zwanzigsten Jahrhunderts liegen. Diese Einschränkung erscheint hinsichtlich eines geschätzen Oeuvres von rund 8000 Werken notwendig und steht auch in einem Verhältnis zur österreichischen und europäischen Bedeutung seines Schaffens. In diese Periode fällt nämlich Löfflers Mitarbeit an den künstlerischen Großprojekten seiner Zeit (Palais Stoclet, Kabarett Fledermaus, Sanatorium Purkersdorf, Salzburger Volkskeller, u. a.), die er, gemeinsam mit Josef Hoffmann, zumeist für die Wiener Werkstätte schuf und die herausragenden Leistungen als Raumgestalter vor Augen führen. In diesen Zeitraum fallen ebenso die bedeutenden Leistungen auf dem Gebiet der Keramik in seiner gemeinsam mit Michael Powolny gegründeten Firma "Wiener Keramik". Auch seine gelungensten Schöpfungen als Graphiker für Buch- und Plakatkunst stammen aus dieser Periode. Überdies ist in diesem Zeitraum auch Löfflers Schaffen aus dem Ersten Weltkrieg enthalten, das seine ausdrucksstärksten Arbeiten beeinhaltet, deren Existenz kaum bekannt ist und dessen wissenschaftliche Bearbeitung bislang völlig unterblieb.

Einen weiteren wichtigen Schwerpunkt des Projekts bilden Löfflers monumentale Fassadenmalereien und Innenraumgestaltungen, die er in den zwanziger und frühen dreissiger Jahren schuf und die eine Sonderstellung im Spätwerk des Künstlers einnehmen. Diese wenig erhaltenen Arbeiten sind als seltene Beispiele in ihrer Zeit von besonderem kunst- und kulturhistorischem Interesse. Auffälligerweise entstanden sie meist in Zusammenhang mit Hotelbauten des Architekten Rudolf Frass, der bisher so gut wie gar nicht bearbeitet ist und der Fachwelt daher weitgehend unbekannt blieb. Er zählt jedoch zu den herausragendsten Architekten des Heimatstils in Ostösterreich zwischen etwa 1910 und 1930.

Die späteren Werke Löfflers sollen aufgrund ihrer immer geringer werdenden künstlerischen Qualität nur punktuell erfaßt werden, soweit dies für die Gesamtdarstellung notwendig ist. Eine diesbezügliche klare zeitliche Grenzziehung ist im Moment nicht möglich, doch gehört gerade die Problematik des Gestaltungsniveaus bei Löffler zu den offenen Fragen, auf die das Forschungsvorhaben eingehen wird.